Was ist Psychotherapie?

Markus Thimm, Heilpraktiker Psychotherapie, Mönchengladbach, NiederrheinGenau wie ein Buch kann Psychotherapie spannend, lehrreich und erfüllend sein. Um es richtig zu erleben, ist es aber wichtig, sich unvoreingenommen auf das Neue einzulassen; auch wenn man nicht genau weiß, was einen erwartet und was für Antworten man finden wird. So wie Sie die erste Seite dieses aufgeschlagenen Buches betrachten und das Bild einer Hängebrücke sehen, so bietet Ihnen der erste Schritt in die Psychotherapie die Möglichkeit, auf unbekannten Wegen neue Ufer zu entdecken.

Definition

Die Bezeichnung Psychotherapie (altgr. psycho ,Seele‘ und therapía ,heilen‘) steht als Oberbegriff für alle Formen psychologischer Verfahren, die ohne Einsatz medikamentöser Mittel auf die Behandlung psychischer und psychosomatischer Krankheiten, Leidenszuständen oder Verhaltensstörungen zielen. (Wikipedia) Dabei ist Psychotherapie ein geplanter interaktioneller Prozess, mit psychologischen Mitteln (durch Kommunikation) meist verbal aber auch nonverbal, in Richtung auf ein gemeinsam mit dem Patienten erarbeitetes Ziel. Darüber hinaus ist Psychotherapie eine Behandlungsform, die gleichzeitig eine günstige Entwicklung der Persönlichkeit fördert.

Das Angebot an unterschiedlichen Psychotherapieformen, wie z.B. Verhaltenstherapie, Psychoanalyse, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, systemische Therapie usw., ist vielfältig und die einzelnen Therapieformen können natürlich in diesem Rahmen nicht alle beschrieben werden. Da ich die Hypnotherapie im Rahmen einer tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie anbiete, möchte ich diese nachfolgend näher erläutern.

Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie

Die tiefenpsychologisch fundierte (psychodynamische) Psychotherapie berücksichtigt die pathogen (krankheitsauslösend) wirksamen, unbewussten seelischen Vorgänge des Patienten im Zusammenhang mit der zugehörigen lebensgeschichtlichen Entwicklung und den neurotischen Verhaltensweisen, mit dem Ziel, das pathogen bedeutungsvolle Erlebnismaterial dem Patienten bewusst zu machen(vgl. A. DÜHRSSEN).

Ein effektives Mittel, um mit unbewussten pathogen bedeutungsvollen Erinnerungen zu arbeiten, ist die Hypnose.

Hypnose

Hypnose ist ein sehr altes und zugleich modernes Heilverfahren und kann in unterschiedliche Therapieformen integriert werden. Dabei verbindet sie Körper und Seele wie keine andere Therapieform. Genau genommen muss zwischen Hypnose als veränderter Bewusstseinszustand (Trance), und Hypnose als Verfahren zur Einleitung dieses Zustandes unterschieden werden. In einem psychodynamischen Therapieprozess ist die Hypnose in der Regel ein geeigneter Beschleuniger, der die Therapiedauer erheblich verkürzen kann.

Hypnotherapie

Die Hypnotherapie wiederum ist in ihrem Ansatz sowohl psychodynamisch wie lösungsorientiert und im Allgemeinen eine Kurzzeittherapie. In der Hypnotherapie unterstützt der Therapeut den Patienten mittels Hypnose, Zugang zu seinem Unbewussten zu finden, so dass er seine Ressourcen (innere Potentiale) für die Erreichung seiner therapeutischen Ziele nutzen kann.

Psychologische Probleme

Die meisten Probleme haben Menschen aufgrund gelernter Beschränkungen. Sie sind in geistigen Einstellungen und Glaubenssystemen gefangen, die es ihnen nicht gestatten, ihre eigenen Potentiale zu nutzen. Hier bietet die therapeutische Trance dem Patienten eine Möglichkeit, aus seinem engen Denkrahmen und Glaubenssystem auszubrechen, so dass er sein Unbewusstes als Quelle der Kreativität erleben kann. Psychologische Probleme existieren oft gerade deshalb, ...

weil der bewusste Verstand nicht weiß, wie er eine Erlebnis- und Verhaltensänderung im gewünschten Ausmaß herbeiführen soll. Es existiert zwar ein gewisses Potential für die gewünschte Problemlösung, diese Lösung kann aber nur mit Hilfe des Unbewussten verwirklicht werden, die auf einer nicht vom Willen kontrollierten Ebene stattfindet. Wenn dem Menschen z.B. eine Frage gestellt wird, die er nicht sofort beantworten kann, so fährt das Unbewusste fort, nach einer Antwort zu suchen. Dieser Prozess einer unbewussten Suche und einer autonomen Informationsverarbeitung zeigt sich in vielen Phänomenen des täglichen Lebens; wenn wir z.B. abends mit einem ungelösten Problem einschlafen und uns dann am nächsten Morgen die Lösung für dieses Problem einfällt. Offensichtlich hat eine unbewusste Suche und ein Problemlösungsprozess stattgefunden, während das Bewusstsein ruhte.

Das Unbewusste

In der Hypnotherapie kann der Patient eine persönliche Beziehung zu seinem Unbewussten eingehen. Welche Vorstellung bzw. welche Metapher sich der Patient von seinem Unbewussten macht, ist individuell und kulturell verschieden, das Unbewusste kann als „intuitives Wissen“, „Weisheit des Organismus“, “emotionale Intelligenz“, „Stimme des Herzens“ oder als „innerer Weiser“ interpretiert werden. Im therapeutischen Prozess kommen dann die wesentlichen Lösungsschritte weder vom Patienten-Ich noch vom Therapeuten-Ich, sonder vom „Dritten im Bunde“, dem Unbewussten des Patienten. In dieser neuen Beziehung zu sich selbst kann der Patient neue Erfahrungen machen und endlich alte Geschichten abschließen und hinter sich lassen.

Ich-Zustände

Vereinfacht kann man sagen, dass sich die menschliche Seele aus verschiedenen Ich-Zuständen zusammensetzt, die unbewusst die Motive unseres Verhaltens und Erlebens steuern und insgesamt die Persönlichkeit einen Menschen ausmachen. Um einen heilenden Einfluss zu nehmen, ist es erforderlich, ...

dass der Patient mit seinen verletzten Anteilen (Ich-Zuständen) besser und bewusster in Kontakt kommt. Im optimalen Fall bestehen zwischen den einzelnen Ich-Anteilen gute funktionierende Verbindungen. Im Fall eines psychischen Problems können diese Verknüpfungen aber soweit gestört sein, dass sich dieses Problem z.B. in ambivalenten (widersprüchlichen) Verhaltensweisen zeigen kann und die betreffende Person innerlich zerrissen ist zwischen widersprüchlichen Wünschen und Bedürfnissen. Auf der Grundlage einer im Trancezustand emotional getragenen Einsicht, in diese vorherrschenden Konflikte, kann der Patient diese auflösen und somit eine Reorganisation seines Wesens beginnen. Diese Auflösung ermöglicht ihm dann eine neue und kreativere Auseinandersetzung mit seiner Umwelt. Die Aufdeckung unbewusster Konflikte und die einhergehende Integration abgespaltener Ich-Anteile in die Persönlichkeit bildet einen der therapeutischen Eckpfeiler der Hypnotherapie.

Für wen ist Psychotherapie sinnvoll?

Das Hauptarbeitsgebiet der Psychotherapie ist die Behandlung aus der Gruppe der Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Angst- und Zwangserkrankungen, Essstörungen, Sucht und Missbrauch sowie sexuelle Störungen.

Kurt Schneider, ein bedeutender deutscher Forscher im Bereich der Psychopathologie, prägte für die oben aufgeführten Krankheiten den Begriff “Variationen seelischen Erlebens”. Er wollte damit ausdrücken, dass die Veränderungen von Empfinden und Handeln bei diesen Kranken nicht immer als “krank” erkennbar sind, vielmehr “Variationen”, also Veränderungen oder Spielarten des “Normalen” darstellen. Anteile dieser “Varianten” finden sich nach Schneider auch in jedem Gesunden, und es gibt fließende (Symptom-)Übergänge zwischen “gesund” und “krank”. So ist in diesem Sinne ein besonders genauer, pedantischer Mensch eine Art sanfte Variante eines Menschen mit einer zwanghaften Persönlichkeitsstruktur.

Welche Psychotherapieform ist die bessere?

An dieser Stelle möchte ich einschieben, dass man eine Behandlung, der oben genannten psychischen Störungen, mit allen Psychotherapieverfahren durchführt kann und das alle anerkannten Verfahren mehr oder weniger wirksam sind. Welche Psychotherapieform nun die bessere ist oder ob es für bestimmte psychische Störungen das passende Verfahren gibt, kann so pauschal nicht beantwortet werden. Die Wahl des Behandlungsverfahrens sollte sich grundsätzlich nach den Bedürfnissen, also dem konkreten Krankheitsbild, der Persönlichkeit, den intellektuellen Möglichkeiten und den lebenspraktischen Umständen des Patienten richten. Wenn z.B. ein Patient nur sein Symptom behandeln und der Ursache nicht auf den Grund gehen möchte, für den wäre z.B. die Verhaltenstherapie die richtige Wahl. Dieses Verfahren zielt in der Regel nur auf das klar abgegrenzte Detailproblem und weniger auf die Ursache, anders als z.B. die tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie.

Wann ist eine Psychotherapie sinnvoll?

Eine Therapie könnte dann sinnvoll sein, wenn man mit sich selbst unzufrieden oder unglücklich ist, unter seinen Problemen leidet oder wenn sich im Leben immer wieder dieselben Probleme wiederholen. In der Regel kann man sagen, für einen Menschen, der sich in seiner Persönlichkeit weiterentwickeln will und etwas an seinem unbefriedigenden Zustand ändern möchte, für den kann eine Psychotherapie der richtige Weg sein.

Beispiel eines psychischen Problems

Zum Schluss möchte ich noch anhand einer Darstellung von Watkins & Watkins aus dem Buch “Ego-States - Theorie und Therapie” aufzeigen, wie ein psychisches Problem entstehen und sich im Leben eines Menschen auswirken kann: “Die meisten psychologischen Theorien scheinen ...

in dem Punkt übereinzustimmen, dass der Mensch die Tendenz hat, die Vergangenheit, ob sie nun glücklich oder unglücklich war, zu wiederholen. Was auch immer in der Vergangenheit geschehen sein mag - wir erwarten, dass das Gleiche sich auch in der Gegenwart abspielen werde, auch dann, wenn wir uns dieser Erwartung nicht wirklich bewusst sind. […] Die Frau, die einen Alkoholiker nach dem anderen heiratet, hat sehr wahrscheinlich einen Vater gehabt, der gleichfalls Alkoholiker war. Sie versucht vergeblich, jeden einzelnen ihrer Ehemänner zu ändern, um jene schmerzliche Vergangenheit ungeschehen zu machen und den Vater zu bekommen, den sie sich immer gewünscht hat. (Eine unserer Patientinnen war bereits mit dem achten Alkoholiker verheiratet!) Niemand würde sich bewusst so verhalten, weil es dumm ist. Geht man davon aus, dass ein solches Verhalten überhaupt einen Sinn hat, dann muss es sich um einen unbewussten Prozess handeln. Weitere Verwirrung von der Art, die wir als “Ironie des Schicksals” bezeichnen, entsteht, wenn es der Frau tatsächlich gelingt, ihren Mann dazu zu bringen, dass er zu trinken aufhört. Zunächst mag sie darüber zufrieden sein, aber am Ende ist der unbewusste Prozess doch stärker, […] und sie verhält sich so, dass sie den Mann erneut in den Alkohol treibt. Solange der Ich-Zustand, der sich aufgrund des Traumas gebildet hat, nicht geheilt ist, setzt sich dieses zirkuläre Syndrom ins Unendliche fort.” (WATKINS & WATKINS, 2008, S. 129)


Persönlichkeitsstörungen: Von diesen Störungen spricht man, wenn eine Persönlichkeitsstruktur durch starke Ausprägung bestimmter Merkmale so extrem ist, dass sich daraus ernsthafte Leidenszustände und/oder Konflikte ergeben. Sie sind Ausdruck des charakteristischen, individuellen Lebensstils, des Verhältnisses zur eigenen Person und zu anderen Menschen. In der Regel entstehen Persönlichkeitsstörungen früh im Verlauf der individuellen Entwicklung als Folge körperlicher und seelischer Faktoren wie auch sozialer Erfahrungen.

Neurosen sind Krankheiten mit bestimmten seelischen Symptomen (z.B. Hemmung, Verstimmung, Zwang, Angst usw.) oder körperlichen Symptomen (insbesondere funktionellen Organbeschwerden); sie können sich auch in störenden Verhaltensweisen und Eigenschaften der Persönlichkeit äußern. Der Verlauf ist oft chronisch. Die Entstehung ist hauptsächlich auf eine seelische Reaktion zurückzuführen, und zwar aus Störungen der kindlichen Entwicklung, speziell aus unpassenden, kompromisshaften Verarbeitungen von Konflikten.